Energie- und Wasserspeicher Harz
Wie können sich die Harzwasserwerke und ihre Anlagen an den Klimwandel und die damit verbundenen Herausforderungen in der Wasserwirtschaft anpassen? Darum geht es beim Projekt Energie- und Wasserspeicher Harz. Niedersächsische Universitäten und Hochschulen haben in den vergangenen drei Jahren daran geforscht, wie zukünftig mehr Wasser in den Talsperren gespeichert und der Hochwasserschutz verbessert werden kann.
Wie geht es jetzt weiter? Was genau ist geplant? Werden neue Talsperrren gebaut? Die Antworten darauf und alle Informationen zum aktuellen Stand des Projekts finden Sie hier auf dieser Infoseite.
Fragen und Antworten
Der Harz ist ein Mittelgebirge und kann darum Wasser und Hochwasser besonders gut speichern. In ihm können mithilfe von Stauanlagen ohne massiven Flächenverbrauch in den Flusstälern Wasser gespeichert und nutzbar gemacht werden. Wissenschaftler verschiedener Universitäten haben untersucht, wo im Westharz Speicher neugebaut oder verändert werden können, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Das Projekt Energie- und Wasserspeicher Harz ist damit Teil einer Klimawandel-Anpassungsstrategie für Niedersachsen.
Die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, sehen wir heute schon und sie werden sich noch weiter verschärfen. Einerseits werden lokale Hochwasser wie 2017 im Harz und 2022 im Ahrtal zunehmen. Auf der anderen Seite verringert sich der Niederschlag insgesamt im Westharz. Wie sich der Klimawandel konkret im Westharz auswirkt, wurde bereits von den Harzwasserwerken in mehreren veröffentlichen Studien untersucht. Diese und andere wissenschaftliche Vorhersagen waren Auslöser für das Projekt Energie- und Wasserspeicher Harz.
Im Projekt haben die Wissenschaftler von der Technischen Universität Clausthal und von anderen Niedersächsischen Universitäten und Hochschulen sechs Standorte identifiziert, an denen etwas verändert werden könnte, und diese auf ihr Potential hin untersucht. An zwei dieser Standorte, nämlich der Granetalsperre und der Innerstetalsperre, wollen die Harzwasserwerke diese Untersuchungen mit finanzieller Unterstützung des Landes Niedersachsen in Machbarkeitsstudien vertiefen.
Machbarkeitsstudien prüfen, ob ein Vorhaben überhaupt durchgeführt werden kann und durchgeführt werden sollte. Sie warnen frühzeitig, wenn absehbar wird, dass ein Bauvorhaben oder ein Projekt scheitern wird. Machbarkeitsstudien stehen also am Anfang eines langen Prozesses hin zu tatsächlichen Bauprojekten.
Konkret wird in den Machbarkeitsstudien am Standort Granetalsperre und Innerstetalsperre geprüft, was wasserwirtschaftlich und bautechnisch sinnvoll sein könnte, um Hochwasserschutz, Trinkwasserversorgung und Niedrigwasserabgabe in die Flüsse für ganz Niedersachsen in Zeiten des Klimawandels zu sichern. Daneben muss auch betrachtet werden, was jede einzelne Baumaßnahme kosten würden und ob sich dafür eine Finanzierung findet.
An der Granetalsperre soll untersucht werden, wie das Speichervolumen der Talsperre erhöht werden kann. Das ist wichtig, um die Versorgungssicherheit auch in den kommenden Trockenzeiten sicherzustellen und gleichzeitig mehr Platz für das Speichern von Hochwasser zu schaffen. In der Machbarkeitsstudie wird zum Beispiel die Dammstabilität berechnet. Es wird geprüft, welche Auswirkungen eine Erhöhung der Granetalsperre auf die Menschen vor Ort und auf Fauna und Flora hat. Auch muss untersucht werden, ob man Baumaßnahmen im laufenden Betrieb abwickeln könnte, weil die Granetalsperre als Herzstück der Wasserversorgung durch die Harzwasserwerke nicht entleert werden kann. Neben einer groben Kostenschätzung werden auch Alternativen zu einer Erhöhung des Dammes geprüft.
An der Innerstetalsperre soll in der Machbarkeitsstudie geprüft werden, welche Auswirkungen der Bau einer zusätzlichen Talsperre oberhalb der jetzigen hätte und ob dies geotechnisch und bautechnisch überhaupt möglich wäre. Auch hier geht es um die Umweltauswirkungen, die Kosten und zusätzlich um ein technisches Konzept zur Überleitung des Wassers zur Granetalsperre zum Beispiel durch einen Stollen. Alternativen zum Bau einer Oberen Innerstetalsperre werden ebenfalls untersucht.
Sowohl die Anwohner vor Ort als auch die Menschen in Niedersachsen würden von einer Erhöhung der Granetalsperre und dem Bau einer Oberen Innerstetalsperre profitieren. Erstens wird der Hochwasserschutz sich verbessern für die Anwohner im Harz und im Harzvorland bis nach Hannover und Braunschweig. Denn durch ein höheres Speichervolumen in den Talsperren wird auch der Platz in der Talsperre für Hochwasser, der sogenannte Hochwasserrückhalteraum, vergrößert.
Zweitens können wir die Versorgungssicherheit für weite Teile Niedersachsens erhöhen. Insgesamt können durch die jetzt zu untersuchenden Maßnahmen bis zu 45 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich gespeichert werden. Ein Teil davon kann in Trockenzeiten genutzt werden, um auch im Falle von mehreren trockenen Jahren nacheinander weiterhin Trinkwasser in höchster Qualität zur Verfügung zu stellen. Wir können aus Hochwasser Trinkwasser machen.
Drittens kann ein Teil dieses Wasser genutzt werden, um die Flüsse unterhalb der Talsperren in Dürrezeiten vorm Austrocken zu bewahren. Gerade am Rand des Harzes unterhalb der Talsperren haben sich Industriegebiete angesiedelt. Einige von ihnen brauchen das Wasser aus den Talsperren, das beständig in den Flusslauf abgelassen wird, als Kühl- und Prozesswasser. Durch eine Vergrößerung der Speichermöglichkeiten werden hier Arbeitsplätze langfristig gesichert. Das kommt den Anwohnern im und am Harz direkt zugute.
Viertens können wir durch einen Ausbau der Infrastruktur der Harzwasserwerke im Harz auch mehr erneuerbare Energie durch Wasserkraft gewinnen. Insgesamt unterstützen wir dabei die Energiewende in Deutschland und der Welt.
Seit der Privatisierung in den 1990er Jahren muss sich jedes Bauvorhaben der Harzwasserwerke, das nicht durch den Privatisierungsvertrag als Pflicht vorgeschrieben ist, rechnen und tragen. Ein Ausbau der Anlagen im Harz für den besseren Hochwasserschutz, für die Versorgungssicherheit Niedersachsens und eine sichere Niedrigswasserabgabe in die Flüsse wird nach jetzigem Kenntnisstand nicht über den Wasserpreis finanzierbar sein. Damit können sich die jetzt zu untersuchenden und prüfenden Maßnahmen des Energie- und Wasserspeicher Harzes nicht rechnen.
Trotzdem fühlen sich die Harzwasserwerke in ihrer Tradition als Landesunternehmen verpflichtet, an Lösungen für Niedersachsen zu arbeiten und für ihre Kunden in der Fläche des Landes mitzudenken. Wir engagieren uns und setzen uns bei der Politik und in der Gesellschaft für den Energie- und Wasserspeicher Harz ein, weil wir Lösungen für die Zukunftsprobleme Niedersachsens bieten wollen.
Talsperren mildern Klimawandelfolgen ab. Ein Ausbau oder Neubau von Talsperren vermag angesichts der oftmals niedrigen Füllstände der vergangenen Jahre zwar verwundern. Allerdings sind es gerade Talsperren, die mit ihren multifunktionalen Aufgaben mithelfen können, die Folgen des Klimawandels für die Wasserwirtschaft abzumildern. Talsperren nehmen einerseits Wasser bei starken Niederschlägen sicher auf und schützen vor Hochwasser. Gleichzeit speichern sie dieses Wasser aber auch über viele Monate und geben es später als aufgearbeitetes Trinkwasser oder als Niedrigwasserabgabe in die Flüsse ab. Damit kann eine Talsperre mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen und nicht nur eine Auswirkung des Klimawandels abmildern. Auch erholen sich die Speicher der Talsperre bei Niederschlägen sehr schnell wieder.
Statt Hochwasserschutz oder Versorgungssicherheit heißt es bei Talsperren: Hochwasserschutz UND Versorgungssicherheit. Statt Versorgungssicherheit oder Naturschutz heißt es bei Talsperren: Versorgungssicherheit UND Naturschutz.
Talsperren sind als Querbauwerke ein Eingriff in den natürlichen Verlauf von Flüssen. Wälder oder Wiesen wurden in der Vergangenheit für den Talsperrenbau geflutet – und damit ist Lebensraum für Flauna und Flora verändert worden.
Allerdings hat sich durch den Klimawandel in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es gerade die Talsperren waren, die das weitläufige Austrocknen von Flüssen verhindert haben. Denn Talsperren übernehmen durch die Niedrigwasseraufhöhung auch eine wichtige Rolle für den Naturschutz. Die Niedrigwasseraufhöhung versorgt die Flüsse aus den Talsperren ganzjährig mit Wasser und verhindert im Sommer sogar ein Austrocknen der Flüsse. Diese wichtige und sogar behördlich verpflichtende Aufgabe, jede Sekunde einige hundert Liter Wasser an den Unterlauf abzugeben, gehört auch zu unserer Arbeit in der Wasserwirtschaft.
Wie wichtig diese Wasserabgabe für die Flüsse ist, zeigt ein Blick in 2022: Im Sommer bestand das Flusswasser der Oker in Braunschweig und der Innerste in Hildesheim zum Teil zu mehr als 50 Prozent aus den Wasserabgaben der Talsperren. Selbst in der Leine in Hannover betrug der Anteil des Talsperrenwassers teilweise noch 20 Prozent.
Die Machbarkeitsstudien werden zum Ende des Jahres voraussichtlich starten. Aktuell wurde ein Förderantrag beim Land Niedersachen über 175.000 Euro eingereicht. Die Harzwasserwerke selbst stellen 25.000 Euro für die Machbarkeitsstudien zur Verfügung.
Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, an welchem der beiden Standorte welche Varianten sinnvoll umzusetzen wären. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudien mit ersten Kostenschätzungen werden Ende 2025 vorliegen. Diese werden dann der Öffentlichkeit und den Anwohnern präsentiert. Ab 2026 kann dann in die konkretere Planung und Finanzierung eingestiegen werden.
In der Vergangenheit wurden einige Sorgen und Ängste der Anwohner vor Ort an die Harzwasserwerke herangetragen. Diese nehmen wir sehr ernst. Die Sorgen umfassen zum einen die Sicherheit der möglicherweise neugebauten oder erweiterten Anlagen. Dieser Aspekt wird in den Machbarkeitsstudien natürlich eine zentrale Rolle spielen. Sollte zum Beispiel eine Erhöhung des Granedammes die Standsicherheit gefährden, würde diese Variante natürlich nicht weiterverfolgt werden.
Andererseits wird befürchtet, dass eine erhöhte Granetalsperre das darunter liegende Tal und die zum Teil sehr nah an den Damm gebauten Häusern beschatten wird. Auch dieser Aspekt wird in den Machbarkeitsstudien untersucht und bewertet werden.
Einige Anwohner und Verbände im Harz befürchten außerdem negative Auswirkungen auf Biotope an der Granetalsperre und im Bereich einer möglichen Oberen Innerstetalsperre. In den Machbarkeitsstudien wird darum genau geprüft und abgewogen werden, welche Auswirkungen auf Umwelt und Naturschutz welche Maßnahme oder Variante haben könnte. Generell werden bei größeren Infrastrukturmaßnahmen im Anschluss sehr oft Ausgleichsmaßnahmen für den Umwelt- und Naturschutz finanziert und ausgeführt.